ZUR GESCHICHTE  DES ELISABETH-GYMNASIUMS

Wichtiger Hinweis: Die nachfolgenden Artikel wurden durch Einscannen und Schrifterkennung (OCR) aus der Festschrift anlässlich der Eröffnung des neuen Schulgebäudes im Jahr 1997 verfügbar gemacht. Rechtschreibfehler gehen nicht zu Lasten der Autoren, sondern sind durch die nicht hundertprozentig funktionierende Schrifterkennung bedingt. Die Originale liegen leider nicht digital vor. Die Rechtschreibung folgt den alten Regeln.

ALLER ANFANG IST SCHWER

Über die schwierigen Anfänge unserer Schule berichtet im folgenden Artikel Sr. Helene Schöpper, die von Herbst 1991 bis Sommer 1993 als erste Schulleiterin des Elisabeth-Gymnasiums tätig war.
Durch ihre Person und ihr Engagement hat sie das Elisabeth-Gymnasium entscheidend geprägt. Sr. Helene wohnt derzeit in Paderborn. [1]

Mit dem Fall der Mauer im November 1989 war u.a. auch das Schicksal der sozialistischen Einheitsschule besiegelt. Es wurde nach und nach bekannt, daß POS (Polytechnische Oberschule 1. - 10. Kl.) samt EOS (Erweiterte Oberschule Kl. 11 u. 12) aufgelöst würden. Sie waren in der DDR die einzigen Schulformen. An die Stelle des Prinzips „Allen das Gleiche“, das in ihr praktiziert wurde, sollte fortan das Prinzip „Jedem das Seine“ treten. Dieser Grundsatz ist im vertikal gegliederten Schulsystem gewährleistet. Im Bundesland Sachsen-Anhalt entschied man sich für die Einführung der Grundschule (1. - 4. Kl.) und für zwei weiterführende Schulformen: die Sekundarschule mit Hauptschul- und Realschulzweig (5. - 10. Kl.) und das Gymnasium (5.-12. Kl.). Für die Ablösung des alten Systems wurde der 31.08.1991 festgesetzt.

Viele Eltern, die ihr Christsein bewahrt und im SED- Staat sich als Christen bekannt hatten, atmeten auf. Sie hatten als Schüler oftmals gelitten und traten verständlicherweise nun vehement für die Gründung einer Schule in privater Trägerschaft ein. Dabei wurde der Zweifel daran deutlich, daß die neue staatliche Schule ihren Erwartungen entsprechen würde. Der genannte Wunsch wurde in verschiedenen Veranstaltungen und Diskussionsrunden auf Stadtebene vorgetragen und teilweise sehr kontrovers diskutiert. Es wurden erhebliche Meinungsunterschiede deutlich. Auf protestantischer Seite befürchtete man bei Gründung einer privaten Schule in katholischer Trägerschaft ein Erstarken des Katholizismus und eine Gefährdung der Oekumene. Aber auch auf katholischer Seite waren die Meinungen sehr geteilt. Es gab ebenso heftige Gegner wie Befürworter. Die Gegner vertraten u.a. die Ansicht, die wenigen katholischen Kinder sollten in den alten Klassenverbänden der öffentlichen Schule verbleiben, um da als „Sauerteig“ wirken zu können. Da zumeist nur ein oder zwei katholische Kinder in einer Klasse waren, sahen die Befürworter der privaten Schule darin eine starke Überforderung.

Trotz dieser turbulent verlaufenden und stark emotional bestimmten Diskussion bildete sich ein „Initiativkreis“, der überwiegend aus katholischen Vertretern bestand. Sie gehörten den verschiedensten Berufen an, waren sich aber einig darin, für ihre Kinder eine freie Schule zu gründen, in der diese auf der Basis christlicher Wertvorstellungen erzogen und ausgebildet würden. In der Art einer Arbeitsgemeinschaft begann man damit, die Idee in die Tat umzusetzen. Dabei hofften die Mitglieder dieses lnitiativkreises darauf, daß Bischof Leo Nowak in Magdeburg das geplante Gymnasium in Halle/Saale als Träger übernehmen würde, so wie es für Magdeburg (Norbertus-Gymnasium) und für Dessau (Liborius-Gymnasium) bereits feststand. In den beiden Städten hatte die konkrete Vorbereitung schon begonnen.

Das war der Stand der Dinge, als die Verfasserin dieses Berichts - zu der Zeit „Jung-Pensionärin“ - im März 1991 von Bischof Leo Nowak gebeten wurde, ihre in langen Dienstjahren als Leiterin eines freien Gymnasiums in kirchlicher Trägerschaft gesammelten Erfahrungen einzubringen. Der Auftrag lautete, den Aufbau des Gymnasiums zu übernehmen und die Schule im ersten Jahr zu leiten.

Da ich mich der Bitte des Bischofs nicht entziehen konnte, nahm ich baldmöglichst das Gespräch mit dem hochmotivierten lnitiativkreis auf. Es zeigte sich, daß es - wie konnte es auch anders sein - an grundsätzlichen Kenntnissen hinsichtlich der inneren und äußeren Struktur und insbesondere hinsichtlich der Rechte einer privaten, aber von seiten des Staates anerkannten Schule fehlte. Und um die Errichtung eines staatlich anerkannten Gymnasiums ging es. Die staatliche Anerkennung ist allein schon deswegen notwendig, da sonst die Abschlüsse (Abitur) nicht anerkannt werden und keine Mitfinanzierung von seiten des Staates erfolgt. Es war verständlicherweise nicht leicht, die Damen und Herren davon zu überzeugen, daß auch bei Respektierung der staatlichen Vorgaben die Schule eine „freie“ Schule sein werde und zugleich eine Schule, in der alle wesentlichen Wünsche der Eltern erfüllt sein würden. Doch es kam langsam Vertrauen auf, und so konnte Ende März 1991 mit der konkreten Vorbereitung begonnen werden.

In der katholischen Pfarrgemeinde Heilig Kreuz in Halle waren Meldungen entgegengenommen worden von Lehrern, die an einer Anstellung an der Schule interessiert waren. Ebenso waren hier auch die Namen der Kinder listenmäßig erfaßt worden, die nach dem Willen der Eltern diese neue Schule besuchen sollten. Diese Listen nahm ich in Empfang. Am gleichen Tag fand auch ein Gespräch mit dem zuständigen Dezernenten des Magistrats der Stadt Halle statt, an dem Herr Rat Steinhoff, zwei Herren aus dem lnitiativkreis und ich teilnahmen. Wir trugen unsere Bitte um Überlassung eines Schulgebäudes - zwecks Anmietung - vor. Natürlich hatten wir nicht erwartet, mit einem sehr konkreten und definitiven Ergebnis aus diesem Gespräch herausgehen zu können. Wir waren aber doch enttäuscht darüber, zunächst keinerlei Entgegenkommen zu spüren. Die Schule sollte eine „Angebotsschule“ sein, weil sie für alle Schüler - ob katholisch, evangelisch oder ohne Konfession - offen sein sollte. Daraus ergab sich für uns der Wunsch, ein möglichst zentral gelegenes Schulgebäude mieten zu können. Unsere Geduld wurde durch weitere, ebenso zäh verlaufende Verhandlungen auf eine harte Probe gestellt. Schließlich wurde uns die „Russen-Schule“ im Nordwesten Halles angeboten. Wir stellten uns darauf ein, mußten dann aber plötzlich erfahren, daß das Angebot kurzfristig zurückgenommen wurde, weil die Martin-Luther-Universität Halle das Gebäude für eigene Erweiterungsbauten in Anspruch nehmen wollte. Nun sollten wir, so sagte man uns, die Staudte-Schule am Reileck mitbenutzen dürfen.

Doch diese Aussicht währte nur kurze Zeit. Auch diese Zusage wurde zurückgenommen, und wir konnten nur hoffen und darauf vertrauen, daß mit Gottes Hilfe eine Lösung des schwierigen Problems gefunden werde. Und sie wurde gefunden! Wenige Wochen vor der geplanten Eröffnung der Schule kam die Nachricht, daß wir ab 01 .09.1991 das Haus 47 in den Franckeschen Stiftungen mitbenutzen dürften. In diesem Haus, das sich im Besitz der MLU befand, war bis dahin neben einigen kleinen Abteilungen der Universität die ABF (Spezialklassen der Arbeiter- und Bauern-Fakultät) untergebracht. Diese Spezialabteilung wurde in die weiter oben bereits genannte Staudte-Schule verlegt. Aber nicht alle dadurch in Haus 47 freiwerdenden Räume konnten von uns genutzt werden. Infolge notwendiger Renovierungsarbeiten an der nahe gelegenen Latina (August-Hermann-Francke-Schule) erhielten ca. 350 Schüler dieser Institution ebenfalls vorübergehend Unterkunft in diesem Haus. Die uns zugewiesenen Klassenräume lagen nicht neben- oder nah beieinander, sondern waren über das dreistöckige Haus verteilt. Die Verwaltungsräume (Sekretariat und Schulleiterzimmer) waren sehr klein und - wie alle Räume - in sehr schlechtem Zustand. Es war uns klar, daß unsere Situation sehr schwierig sein würde. Hinzu kam die Konfrontation mit der täglich wiederholten Aussage: „Sie sind hier aber nur für ein Jahr‘

Kurz nach Aufnahme meiner Arbeit in HalIe/S. hatte ich das Glück, in Frau G. Holluba eine sehr gute Sekretärin zu finden. Da uns ja - wie dargelegt - noch keine Sekretariats- bzw. Verwaltungsräume zur Verfügung standen, arbeiteten wir gemeinsam in der Gott sei dank sehr geräumigen Wohnung, die mir im Propstei-Pfarrhaus für die Dauer meiner Tätigkeit in Halle überlassen worden war. Doch nicht alles, was zur Vorbereitung der Schule notwendig war, konnte in dieser Wohnung bewältigt werden. Wiederum kam die Propstei-Gemeinde uns zu Hilfe: wir durften den großen Saal des Gemeindehauses mitbenutzen.
Hier fanden im April 1991 - nach vorausgegangener schriftlicher Einladung - mit den Eltern, die ein Kind bei uns anmelden wollten, die Aufnahmegespräche statt, und zwar in der Form von Einzelgesprächen. Wegen der sehr großen Zahl von Bewerbern war Herr Dr. W. Bierbaum aus WerI/Westf. mir zur Hilfe gekommen. Uber die Aufnahmebedingungen hatten wir uns verständigt; ebenso war auch abgesprochen worden, den Aufbau der Schule mit den Klassenstufen 5 - 9 zu beginnen. Eines war klar: die Zeugnisse der POS, die uns vorgelegt wurden, waren nicht hilfreich, sondern absolut ungeeignet hinsichtlich der Beurteilung, da alle Schüler in fast allen Fächern die Note „eins“ hatten. Nur wenige Male war ein Fach mit der Note „zwei“ ausgewiesen. Der Verstehenshintergrund für diese „inflationäre Tendenz‘ liegt im System der DDR; das wurde uns bald klar. Nach Abschluß der Aufnahmegespräche - sie zogen sich über zwei Wochen hin - hatten 350 Schüler im Gymnasium Aufnahme gefunden, das den Namen „Elisabeth-Gymnasium“ tragen würde. Die heilige Elisabeth war als Patronin und Namengeberin von den Mitgliedern des lnitiativkreises gewünscht worden. Wir hatten uns bemüht, die für eine gymnasiale Laufbahn geeigneten Schüler herauszufinden, und konnten nur hoffen, daß sie alle die entsprechende Eignung auch nachweisen würden.

In nicht wenigen Fällen wurden wir den Verdacht nicht los, daß manche Eltern nicht so sehr die Schulform als vielmehr die christliche Schule gewählt hatten. Das wiederum war im Hinblick auf die Erfahrungen mit der Schule im Sozialismus verständlich. Am Ende des Schuljahres 1991/92 stellte sich jedoch heraus, daß nur für wenige Schüler das Gymnasium eine deutliche Überforderung war. Diese wechselten deshalb in den Realschulzweig einer Sekundarschule über.

Anschließend an die Aufnahme der Schüler begannen wir mit der Auswahl der Lehrer. Aufgrund der nunmehr bekannten Schülerzahlen ergaben sich die Größe und der fächerspezifische Bedarf des zu bildenden Lehrerkollegiums. Unter den vielen, die sich beworben hatten, galt es, eine entsprechende Auswahl zu treffen. Wir waren uns darüber im klaren, daß wir zumindest in den Fächern katholische und evangelische Religion sowie Latein, Geschichte und Deutsch Lehrer aus den alten Bundesländern einsetzen wollten. Für die drei erstgenannten Fächer gab es hier keine Fachlehrer, für Geschichte mußten es unseres Erachtens Lehrer sein, die in ihrem Studium nicht der ideologischen Einengung und Einäugigkeit des ehemaligen SED-Regimes unterworfen worden waren. Aber auch für die neueren Sprachen (Englisch u. Französisch) wollten wir Lehrer einsetzen können, denen die Vermittlung der Fremdsprache mittels der audio-visuellen Methode geläufig war.

Gott fügte es, daß wir durch diese oder jene Verbindung solche Fachlehrer ausfindig machen konnten, die geeignet waren und auch das notwendige Engagement, das nötige Quantum an Idealismus besaßen, um ihre Zelte „im Westen“ abzubauen und sich auf die Stadt Halle/S. einzulassen. Diese Lehrer bildeten genau die Hälfte der einzustellenden Pädagogen. Die elf weiteren Lehrer, die wir noch brauchten, suchten wir aus dem sehr großen Kreis der Interessenten aus HaIIe/S. aus. Dabei ließen wir uns von zwei Gesichtspunkten leiten: es sollten als religiös sich bekennende und dem SED-Regime nicht hörig gewesene Lehrer sein. Außerdem mußten sie die Fächer vertreten, die noch benötigt wurden, um den Unterricht für die 14 zu bildenden Klassen abdecken zu können. Vom 14. - 17. Mai fanden die Einstellungsgespräche statt. Nicht allen, die sich auf unsere Einladung hin vorstellten, konnten wir eine positive Nachricht zukommen lassen. Das löste bei diesen eine herbe Enttäuschung bis hin zur Verbitterung aus; ebenso die Tatsache, daß sehr viele gar nicht erst zur Vorstellung eingeladen wurden. Ein wenn auch nur kurzes Gespräch mit allen Bewerbern wäre allein aus Zeitmangel gar nicht möglich gewesen, da es mehrere Wochen in Anspruch genommen hätte.

Nun endlich waren wir soweit, den Eltern unserer zukünftigen Schüler die wichtigsten Informationen geben zu können. Die lnformationsabende fanden, getrennt nach Jahrgangsstufen, in der Zeit vom 20. - 27.06.1991 statt. Zwar wußten wir jetzt, wo die Schule untergebracht sein würde, aber noch war kein einziger Raum zu unserer Verfügung, so daß eine Besichtigung oder gar eine Informationsveranstaltung dort nicht möglich waren. Deshalb fanden diese Veranstaltungen für die Eltern auch im großen Saal des Propstei-Gemeindehauses statt. Es galt, an diesen Abenden die Eltern zu informieren, zunächst über Wesentliches zur Schule in kirchlicher Trägerschaft: ihre Freiheit, ihre Rechtsstellung, ihre pädagogische Zielsetzung. Daran schlossen sich die Informationen zur Organisation der Schule an, ferner - soweit möglich - Ausführungen zu den Unterrichtsinhalten, zu Lehrmethoden, zum Bewertungssystem (Noten) u.a.m.

Damit am 1. Schultag jeder Schüler mit Sicherheit wußte, welcher Klasse er zugeordnet war, wurde die Klasseneinteilung sowohl mündlich als auch schriftlich bekanntgegeben. Einen nicht geringen Teil des Abends nahmen jeweils die Fragen der Eltern an die Schulleiterin ein, was nicht verwunderlich war, da ihnen ja das neue Schulsystem noch gänzlich unbekannt war. Kummer machte es vielen Eltern, daß wir aus Raummangel absolut nicht in der Lage sein würden, ihren Kindern in der Schule ein Mittagessen anzubieten. Trotz dieser Enttäuschung überwog bei allen die Zuversicht und die Hoffnung, für ihr Kind eine Schule gefunden zu haben, die es schulisch und menschlich fördern und auf einen guten Weg bringen werde.

Es gab auch Schwierigkeiten ganz anderer, nämlich praktischer Natur. Zu diesen gehörte, um nur ein Beispiel zu nennen, die Lagerung und Inventarisierung der rund 4.500 Schulbücher, die wir über eine Buchhandlung bestellt hatten und die von den Verlagen nach und nach zugesandt wurden. In unserem zukünftigen Schulgebäude war noch immer kein einziger Raum frei. Wieder war die Propstei-Gemeinde unser Retter in der Not. Wir konnten im Gemeindehaus zwei Räume benutzen, um die Bücher auszupacken, die Lieferung zu überprüfen, danach die Bücher zu sortieren und zu inventarisieren. Das nahm nicht nur Zeit in Anspruch, sondern auch viel körperliche Kraft. Die Hauptlast dieser sehr ermüdenden Arbeit lag auf den Schultern von Frau Holluba, unserer unermüdlichen Sekretärin, die in all diesen Wochen Enormes leistete. Dankenswerterweise halfen ihr zeitweilig unsere zukünftigen Lehrer aus Halle und Umgebung. Sie hatten nicht die Not der Wohnungssuche wie ihre Kollegen aus dem Westen.

Später, als wir endlich „unsere“ Räume im Haus 47 der Stiftungen zur Verfügung hatten, war nochmals Schwerstarbeit zu bewältigen. Zwar hatten wir eine Firma mit dem Transport der Schulbücher zum Schulgebäude beauftragt, aber nach dem Ausladen im Parterre des Hauses hieß es jetzt: alle Bücher, geordnet nach Fächern und Klassen und Schülerzahl, in die Klassenräume zu verteilen. Die Wege waren weit und unsere Klassenräume über alle Trakte und alle drei Etagen des Hauses verstreut. Soweit eben möglich, halfen uns dabei wieder etliche Lehrer. Mit Schaudern stellten wir dabei fest, in welch entsetzlichem Zustand die Räume sich befanden: schmutzige Wände, ungepflegte Fußböden, die zum Teil große Löcher im Linoleum aufwiesen oder nur aus Estrich bestanden. Außerdem fanden wir nur sehr verbrauchte Schulmöbel und schlechte Tafeln vor. In der Kürze der Zeit konnten wir daran kaum etwas ändern. Aber eine wesentliche Veränderung erfuhr doch jeder Raum. In jedem wurde ein schlichtes Kreuz aus Holz sichtbar aufgehängt. Das hatte es in diesem Haus, das unter Stalin erbaut wurde, noch nicht gegeben! Wir waren uns bei dieser Aktion dessen bewußt, daß das Anbringen eines christlichen Symbols allein noch nicht Nachweis für eine christliche Schule ist. Gott sei Dank dafür gesagt, daß wir zu diesem Zeitpunkt fest daran glaubten, in diesem mehr oder weniger schaurigen Gebäude nicht lange bleiben zu müssen, obwohl wir gleichzeitig die Begrenzung auf ein Jahr als Bedrohung empfanden.

Nun war Wesentliches getan. Die Zeit der Vorbereitung neigte sich dem Ende zu. Am 29.06.1991 hatten sich die Lehrer des zukünftigen Elisabeth-Gymnasiums schon zu einem ersten Sich-Kennenlernen zusammengefunden. Aber nur wenige Stunden standen an dem Tag zu unserer Verfügung. Es war mir klar, daß das nicht genügen konnte, wenn wir ab 2. September als „Erziehergemeinschaft“ vor unsere Schüler treten wollten. Nicht nur viel Organisatorisches war noch zu übermitteln. Vor allem sah ich die Notwendigkeit, über unseren spezifischen Auftrag als Lehrer an einer christlichen Schule miteinander zu sprechen und einen Grundkonsens herbeizuführen. Es gelang mir, kurzfristig im Kloster Steterburg, dem Bildungshaus der Diözese Hildesheim, für alle 23 Lehrer Unterkunft zu finden. Hier konnten wir von Montag, 26.08. bis Freitag, 30.08.91, in guter Atmosphäre gemeinsame Gespräche führen. Diese hatten zunächst den Charakter einer Informationsveranstaltung, mündeten dann aber in die Erörterung des Wesentlichen: in unsere pädagogische Zielsetzung. Ergänzt wurden unsere Bemühungen durch gemeinsame Zeiten der Besinnung, gemeinsamen Gottesdienst in der Kapelle des Hauses und auch durch das fröhliche Beisammensein am Abend. Im Bericht einer Lehrerin über diese Tage heißt es: „Begonnen hat der gemeinsame Anfang bereits in der Vorbereitungswoche Ende August im Kloster Steterburg. Hier hatten wir zum erstenmal die Gelegenheit, Fragen der Praxis zu klären. Viele von uns waren mit den Räumlichkeiten der Schule noch gar nicht vertraut. Die Realität wirkte zunächst schockierend Vieles wurde beantwortet, manches blieb noch ungeklärt. Uber allen offenen Fragen stand jedoch unser Leitwort, allen Schwierigkeiten mit Offenheit und Behutsamkeit zu begegnen. Unsere Christlichkeit muß sich vor allem in unserer toleranten Grundhaltung und unserer Bereitschaft zum friedlichen Miteinander ausdrücken. Werden wir das durchhalten? Mit der festen Absicht und im Vertrauen auf Gottes Hilfe fuhren wir nach Hause. Das große Abenteuer konnte beginnen.“

 Sr. Helene Schöpper

Das Gründungskollegium nach Abschluß der Steterburg-Tagung,
30.08.91

Gründungskollegium 30.8.1991 Steterburg


[1] Anmerkung: Helene Schöpper ist am 4.2.2009 verstorben.