Eine der ersten Erfahrungen mit dem Frühstudium machte ich in Form einer ellenlangen Liste mit den verschiedensten Vorlesungen zu den unterschiedlichsten Zeiten. Von Slawistik "Das Verb" bis zur Rolle der USA im 20. Jahrhundert war fast alles dabei. Nun galt es für mich erst einmal einen möglichst günstigen Vorlesungstermin zu finden, der mit meinem Stundenplan gut vereinbar ist. Und hier lag auch schon die erste Schwierigkeit, weil nach den Herbstferien ein anderer Stundenplan festgelegt werden sollte. In der Hoffnung, dass alles so bleiben möge wie es denn war suchte ich gezielt nach einer Vorlesung, die genau in meine Freistunden fiel. So war zwar der zeitliche Rahmen, nicht aber der Inhalt der Vorlesung festgelegt. Dafür musste ich mir selbst erst einmal Gedanken über meine Erwartungen an das Frühstudium machen. Mir war es besonders wichtig Einblick in das Stundentendasein zu erhalten, meinen Horizont zu erweitern und Themengebiete, die an der Schule weniger behandelt werden kennen zu lernen. Letztlich habe ich mich für die Vorlesung "Philosophie der Aufklärung" entschieden, weil ich weder Ethik noch Philosophie belege. Es ging mir also auch um das Schließen einer "Bildungslücke". Später einmal Philosophie zu studieren kann und konnte ich mir wenig vorstellen. Nach den Herbstferien änderte sich der Stundenplan natürlich doch und so konnte ich 2 Stunden Geschichte die Woche nicht besuchen. Dafür lagen die Freistunden jetzt direkt nach Geschichte, wodurch ich nach der Vorlesung noch einige Zeit in der Stadt verbringen konnte. Nachdem die Immatrikulation und die Formalitäten reibungslos abgelaufen waren, entpuppte sich meine gewählte Vorlesung als Modulteil für Lehramtstudenten, was zu einer kompletten Auslastung des Hörsaals führte, der eigentlich nur für 70 Leute gedacht war. So musste ein Teil der Studenten (manchmal auch ich) die Gänge belegen. Der Dozent hatte eine wenig illustrierte, dafür aber sehr einprägsame Art Locke, Leibniz und Co. zu vermitteln. Tafelbilder, Handouts und Folien waren in dieser Vortragsweise nicht zu erwarten und die Möglichkeit einer größeren Räumlichkeit wurde durch die sich bestätigende Begründung abgewiesen, die Zahl der erscheinenden Studenten verringere sich zum Ende des Semesters hin rapide. Ich gewann den Eindruck der Student wird mit raueren Händen als der Schüler angefasst. Anfangs sprach mich die Vorlesung inhaltlich stark an, weil alles neu war und trotzdem sehr tiefgründig behandelt wurde. Die einzelnen Veranstaltungen bauten aufeinander auf und so hatte ich Schwierigkeiten nach einer verpassten Vorlesung wieder hinein zu finden. Hinzu kam, dass die Komplexität der Gedanken der Philosophen zunahm und ich der trockenen Gedankenakrobatik eher weniger Folgen konnte. Ich hätte zu dieser Zeit Zusatzlektüre zu Rate ziehen sollen. Dieser Umfang hätte mir dann aber doch zu viel abverlangt. Trotz alledem verfolgte ich die Vorlesung bis zum Ende des Semesters; Eine abschließende Prüfung konnte ich nicht absolvieren, weil ich noch ein zusätzliches Seminar hätte belegen müssen. Einen Teilnahmeschein habe ich aber trotzdem erhalten. In den Semesterferien fand eine Informationsveranstaltung zum Frühstudium statt, in der sich herausstellte, dass die Wahl der Vorlesung nun freier verliefe. Über das Studentenportal "StudIP" konnte man sich jetzt eine Vorlesung oder ein Seminar heraussuchen und gleich einschreiben. Auch meine Erwartungen hatten sich etwas geändert. Nachdem ich am Anfang vor allem Studienalltag erleben und andere Wissensbereiche entdecken wollte, kommt es mir mittlerweile besonders darauf an in mögliche spätere Studienfächer einzusteigen. So suchte ich mir diesmal ungeachtet der zeitlichen Lage die Vorlesung "Allgemein- und Persönlichkeitspsychologische Grundlagen" heraus. Diese Veranstaltung ist ebenfalls Teil eines Pflichtmoduls für Lehramtstudenten, findet jedoch im Audimax statt, welches Platz für 500 Studenten bietet. Diese Vorlesung bietet einen klaren Kontrast zur Vorherigen: Der Dozent erstellt eine Powerpointpräsentation, die das Vorgetragene sehr gut unterstreicht. Diese Präsentation kann man schon einen Tag vorher aus dem Internet herunterladen. Auch thematisch ist die Psychologie, obwohl sie der Philosophie entstammt, ein sehr viel praktischeres Gebiet. Die Vorlesung entspricht in ihrer Form voll meinen Erwartungen, jedoch fallen nun 3 Stunden für mich aus (Religion, Chemie, Englisch), die schwieriger nachzuholen sind. Insgesamt sind meine Erfahrungen mit dem Frühstudium durchweg positiv und es ist weiter zu empfehlen, weil es sowohl Einblick in den Uni-Alltag, als auch in die jeweiligen thematischen Bereiche gibt. von Peter Grabitz
|