Obschon Architektur in hohem Maße das Alltagsleben bestimmt, sind Interesse und Verständnis für sie nicht sehr verbreitet, geschweige denn, dass sie zum allgemeinen „Bildungskanon“ gehörten und im schulischen Curriculum eine angemessene Rolle spielten. Fragen der Architektur und des Städtebaus erscheinen weithin als Angelegenheit professioneller Sachkenner, seien es Architekten, Architekturhistoriker oder Denkmalpfleger. Es ist deshalb ein wichtiges Anliegen zeitgemäßer ästhetischer Bildung, grundlegendes Verständnis für Bauen und Planen, Architektur und Denkmalpflege zu vermitteln und so kulturelles Wertebewusstsein und Urteilsvermögen zu fördern.
Das vom Kultusministerium Sachsen-Anhalt herausgegebene Programm „Kultur in Schule und Verein“ gab nun dem Landesheimatbund Sachsen-Anhalt erneut Anstoß, sich diesem Aufgabenfeld zuzuwenden und interessierte sachkundige Verbündete zu suchen. Im Folgenden wird ein 2002 begonnenes Projekt vorgestellt, das den Zugang zur Architektur über das Thema „romanische Dorfkirche“ bahnt. Der Landesheimatbund unternimmt in Zusammenarbeit mit dem Elisabeth-Gymnasium in Halle und dem Landesamt für Denkmalpflege einen auf 5 Jahre angelegten Modellversuch, um didaktische Erfahrungen mit dem Thema in unterschiedlichen Altersgruppen zu sammeln sowie konkrete Unterrichtsvorschläge zu gewinnen, die für Lehrerinnen und Lehrer der Fächer Kunsterziehung, aber auch Religion/Ethik, Geschichte sowie Heimat- und Sozialkunde verwendbar sind.
Ein weiteres wichtiges Anliegen besteht darin, die SchülerInnen für die Idee von Denkmalschutz und Denkmalpflege zu gewinnen. Das didaktische Konzept strebt darüber hinaus eine inhaltliche Vernetzung mit der kulturtouristischen Route „Straße der Romanik“ an, indem es den Sinn für die in unserem Bundesland zahlreich erhalten gebliebenen Bauwerke dieser Epoche schärft und auf deren noch zu entdeckende Seitenpfade führt.
Die Konzeption der Unterrichtseinheit ist interdisziplinär ausgerichtet und soll zur Fundierung regionalgeschichtlicher Unterrichtsinhalte beitragen. In der Verbindung von Landes- und Regional-, Kunst-, Kultur- und Sozialgeschichte kann sie kulturelle Identitätsbildung fördern, die sich auf den Heimatort der SchülerInnen, aber auch auf Region und Bundesland bezieht. Das Projekt hat in Klasse 7 mit einer Lerngruppe von 28 SchülerInnen begonnen. Als erstes Untersuchungsobjekt wurde die Pfarrkirche St. Nikolaus in Halle Böllberg, ein kleiner romanischer Bau des 12. Jahrhunderts, ausgewählt. Die Erfahrungen mit den experimentellen Unterrichtseinheiten sollen nach einer ersten Phase des Modellversuchs systematisch ausgewertet und durch Publikation interessierten Fachkollegen zur Verfügung gestellt werden. Auch wird Mitte des Jahres 2003 eine Veröffentlichung didaktischen Materials (Lehrermappe) und modellhafter Unterrichtssequenzen vorgelegt, um die Übernahme und Weiterentwicklung des hier gewählten didaktischen Ansatzes durch andere Pädagogen zu erleichtern.
Projektverantwortliche:
Dr. Holger Brülls (Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt)
Bärbel Illian (Elisabeth-Gymnasium Halle)
Roswitha Jendryschik (Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e.V.)
Detaillierte Informationen zum Projekt:
Architektur entdecken: Die romanische Dorfkirche – ein architektur- und denkmaldidaktisches Schulprojekt für Sachsen-Anhalt, in: Sachsen-Anhalt-Journal, hg. vom Landesheimatbund Sachsen-Anhalt, 13. Jg. 2003, Heft 1, 2-4
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